Das Galilei-Thermometer ist ein sehr schönes Messinstrument. Es dauert zwar, bis die steigenden und fallenden Glaskugeln die richtige Temperatur anzeigen (ital. "lento" = träge) und es ist nicht sehr genau, aber im Wohnbereich ist es ein nützliches Schmuckstück. | Ablesbar sind Temperaturschritte, die üblicherweise den Abstand von 1 oC haben, aber auch in 0,5 oC-Schritten wird es im Handel angeboten. Die Genauigkeit liegt ungefähr bei 0,2 oC. Es gibt diese Thermometer mit nur 4 bis über 17 Glaskugeln (in verschiedenen Farben) für die Temperaturbereiche 19o-25 oC bis 14-30 oC. An den Glaskugeln hängen Plomben mit eingeprägter Temperaturangabe. Auch am Zylinder kann eine Temperaturskala sein. | Galileo Galilei (1564-1642) stellte fest, dass sich bei verschiedenen Temperaturen die Dichte von Flüssigkeiten verändert. Auf diesem Prinzip sind die Galilei-Thermometer aufgebaut und ihm zu Ehren benannt. Es soll 1641 in Florenz erfunden worden sein von Ferdinand II., einem Großherzog der Toskana aus der Familie der Medici. |
In einer Flüssigkeit befinden sich hohle Glaskörper, die je nach Auftrieb schwimmen, schweben oder am Grund liegen. Steigt die Temperatur der Flüssigkeit, so dehnt sie sich aus, verringert ihre Dichte und somit den Auftrieb. Schwebende Glaskörper sinken herab, schwimmende beginnen zu schweben. Umgekehrtes geschieht beim Abkühlen der Flüssigkeit. Sind die Dichten der Glaskörper auf die verschiedenen Dichten der Flüssigkeit abgestimmt, zeigen sie die Temperatur an. Der Hohlraum im Zylinder und in den Glaskugeln verhindert das Platzen der Glasgefäße. Der Zylinder ist verschlossen, um ein Verdunsten, Verschmutzen oder Verschütten der Flüssigkeit zu vermeiden. |
Bei einem sehr breiten Glaszylinder, in dem die Glaskugeln nebeneinander schwimmen können, muss man umständlich nach der Glaskugel mit der kleinsten Temperaturangabe suchen. Zum bequemeren Ablesen ist der Durchmesser des Glaszylinders nur wenig größer als der Durchmesser der Glaskugeln und diese sind nach Dichte gestaffelt in den Zylinder eingefüllt. Sie ordnen sich nun eher untereinander an, und die unterste der oben schwimmenden Glaskugeln zeigt die Temperatur an. |
Luxusmodelle haben für jede Glaskugel einen eigenen Zylinder. |
Wie groß sind die Gewichtsunterschiede der Glaskugeln? Für eine grobe Berechnung werden sie als gleich groß angenommen, d. h. alle haben das gleiche Volumen und dieses Volumen sei unabhängig von der Temperatur (Glas dehnt sich hundert mal weniger aus als die Flüssigkeit). |
Mit sehr guter Näherung ändert sich das Volumen V einer Flüssigkeit bei einer Temperaturänderung t linear:
deltaV = V*k*t
Die Konstante k heißt "kubischer Ausdehnungskoeffizient", der wiederum ein wenig von der Temperatur t abhängt. |
Substanz -------------------------- |
Dichte [g cm-3] -------------- |
k [-oC] ----------------- |
Wasser | 0.998 | 0.000207 |
Ethanol | 0.789 | 0.00110 |
Tetrachlorkohlenstoff | 1.594 | 0.00123 |
technische Gläser | 2.4 (ca.) | 0.00002 (ca.) |
Wenn die Glaskugeln ein Volumen von z. B. 10 cm3 haben und die Flüssigkeit Ethanol ist, ändert sich das Flüssigkeitsvolumen bei einer Temperaturerhöhung von 1 oC um deltaV = 10 cm3 * 0,0011 oC * 1 oC = 0,011 cm3 Das neue Volumen besitzt die Masse 0,011 cm3*0,0789 g cm3, also knapp 8,7 mg. Diese knapp 10 mg fehlen im ursprünglichen Volumen. Der Massenunterschied zweier um 1 oC unterschiedlichen Glaskugeln liegt also im Milligramm-Bereich. Die Herstellung eines Galilei-Thermometers erfolgt allerdings nicht durch hochpräzise Fertigungstechniken für die Glaskugeln, sondern durch experimentelle Ermittlung der Dichte und entsprechender Kennzeichnung auf der Plombe. |
Je höher die Dichte einer Flüssigkeit ist und je größer der kubische Ausdehnungskoeffizient, um so größere Massendifferenzen ergeben sich bei Temperaturänderungen. Es lassen sich also z. B. mit Tetrachlorkohlenstoff bessere Thermometer herstellen. Wasser ist wegen des kleinen Koeffizienten nicht gut geeignet, wird aber benutzt und als Öko-freundlich angepriesen. Die Zusammensetzung der Flüssigkeit wird von fast jedem Hersteller geheimgehalten (so heißt es z. B.: "Die Flüssigkeit ist FCKW-frei, schwer entflammbar und entwickelt keine gesundheitsschädlichen Dämpfe"). |
Ucke, Christian; Schlichting, Hans-Joachim Das Galilei-Thermometer - Termometro Lento Physik in unserer Zeit 25 (1994), Heft 1, 44-45 |
Das Kettenthermometer funktioniert ebenfalls über Dichteänderung der Flüssigkeit mit der Temperatur, also unterschiedlichen Auftrieben. Je geringer die Temperatur, desto höher der Auftrieb und desto mehr von der Kette kann die Glaskugel tragen und steigt empor. Bei konstanter Temperatur besteht ein stabiles Gleichgewicht zwischen der Auftriebskraft und dem Gewicht der Glaskugel samt Kettenstück. Für die Schwebehöhe hier eine grobe Rechnung. In gasförmiger oder flüssiger Materie M schweben Körper K, wenn die Masse der verdrängten Materie gleich der Masse des verdrängenden Körpers ist (Archimedisches Prinzip):
mM = VK * dM = mK
Der Körper in einem Kettenthermometers besteht aus dem Schwimmer S (der Glaskugel) und dem Taucher T (der Kette). Die Masse des Tauchers ist abhängig von seiner schwebenden Länge h. Sei dT seine "Dichte", also seine Masse pro Länge. Von seinem Volumen und damit seinem Auftrieb kann abgesehen werden, dass recht klein ist relativ zum Schwimmer. Es ergibt sich
VS * dM = mS + (dT * h) bzw.
h = ( VS * dM - mS ) / dT
Für einen Korken (14cm3, 8g) in Wasser (1gcm-3) ergibt sich bei einer Kette mit 0,25gcm-1 eine Höhe von 24cm. Die Höhenschwankungen durch Dichteänderungen mit der Temperatur sind sehr klein. |
Bei diesem raffinierten Gerät wird die unterschiedliche Eintauchtiefe eines schwimmenden Körpers bei verschiedenen Temperaturen und somit Auftrieben genutzt. Allerdings schwimmt der Körper nicht auf der Grenzfläche Flüssigkeit / Luft, sondern auf der Grenzfläche zweier unterschiedlicher nicht mischbarer Flüssigkeiten und scheint zu schweben. Das Kontrathermometer funktioniert ähnlich einem Aräometer, einem Messinstrument zur Bestimmung der Dichte von Flüssigkeiten. |
http://www.thermometer.net |
Letzte Änderung 7.5.2000 |