Keltischer Wackelstein
Kelt, Wackelstein, Wackelholz, Keltisches Wackelholz
Rattleback, Rattlerock, Celt, Rebellious Celt, Wobble-Stone, Wobblestone, Spin Bar, Space Pet

Man lege den keltischen Wackelstein, dessen Form an einen Bootsrumpf erinnert, mit der gebogenen Seite nach unten auf eine Tischplatte. Tippt man eines der Enden an, schaukelt er ein Weilchen und beginnt sich stets in dieselbe Richtung zu drehen. Ein keltischer Wackelstein scheint einen eigenen Willen oder Antrieb zu haben, der Satz der Erhaltung des Drehmomentes scheint außer Kraft gesetzt zu sein.
Versetzt man ihn in die andere Richtung in Drehung, bremst er ab, beginnt entlang seiner Längsachse auf- und abzuschaukeln und beginnt wiederum, sich in seiner Vorzugsrichtung zu drehen. Dreht man ihn sehr schnell entgegen seiner Vorzugsrichtung, fängt er erst dann zu wackeln an, wenn die Drehfrequenz kleiner ist als die Wackelfrequenz. Ursprünglich wurde solch ein Gegenstand "Celt" genannt, weil die seltsame Bewegung bei archäologischen Untersuchungen an prähistorischen keltischen Äxten und Steinkeilen entdeckt wurde.
Nähere Betrachtungen
Jeder starre Körper besitzt drei Hauptträgheitsachsen, die durch dessen Schwerpunkt gehen. Es gibt also (mindestens) drei Möglichkeiten, einen Körper in eine Drehmaschine einzuspannen, so dass er sich wie eine Ballerina ohne Unwucht kreiselartig drehen kann. Der Celt sieht zwar auf den ersten Blick symmetrisch aus, ist es aber nicht. Beim ihm stimmen die Richtungen der Hauptträgheitsachsen nicht mit den geometrischen Symmetrieachsen überein und eine der Trägheitsachsen führt etwas schräg durch dessen plane Oberfläche. Dies wird durch eine leicht asymmetrische Massenverteilung hervorgerufen: die Rundung der Unterseite kann etwas schief sein, es können Gewichte unsichtbar eingelassen sein, oder die Gewichte sind als "Dekoration" getarnt.
Ein Celt besitzt also eine Unwucht und lässt ihn "schlagen". Wird er entgegen seiner Vorzugsdrehrichtung gedreht, rollt er etwas unsymmetrisch auf dem ellipsoiden Unterteil ab und fängt wegen der Reibung an zu wackeln. Wackelt ein Celt, gibt es horizontale Reibungskräfte am Kontaktpunkt Tisch-Celt in Tischebene. Er kippt bei jeder Schwingung leicht auf die Seite mit dem Übergewicht und die Reibung erzwingt eine kleine Drehung um seine vertikale Achse. Bei jeder Schwingung geht ein wenig der Energie in Drehbewegung über, bis sich der Celt nur noch dreht.
Mathematisches
Eine möglichst exakte Erklärung ist nur mittels komplizierter, unanschaulicher Kreiselgesetze möglich und es gibt eine Fülle von Veröffentlichungen. Die erste wissenschaftliche Untersuchung stammt aus dem Jahr 1896 von G. T. Walker ("On a dynamical top", in: "Quarterly Journal of Pure and Applied Mathematics 28, 175-184"). Im Oktober 1979 gab es eine detaillierte Beschreibung der Asymmetrie und die sich daraus ergebende Kehrtwendung in Jearl Walker's Kolumne "The Amateur Scientist" in "Scientific American". Eine genaue Untersuchung fand 1986 durch Hermann Bondi und Mont Hubbard statt ("The rigid body dynamics of unidirectional spin", in: "Proceedings of the Royal Society London, A405, 265-274"). W. Dammermann: Keltische Wackelsteine. Physik in unserer Zeit 12 (1981), S. 178-180

C. Holzhey und H. Puschmann: Der Keltische Wackelstein - ein bemerkenswerter Kreisel. Junge Wissenschaft 1 (1986), Heft 2, S. 6-15

J. Walker: Rätselhafte Kreisel. Spektrum der Wissenschaft (Teil 1: Dez. 1979, S. 109-113; Teil 2: Mai 1981, S. 151-157)

Wer seinen Löffel noch nicht abgegeben hat, kann daraus einen Kelt biegen. Am besten geeignet sind Billig-Esslöffel, gestanzt aus dickem Blech, die auch in Kantinen zu finden sind.

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